Erbarmungslose, Der

OT:
La Horse

AT:
Il Clan degli Uomini violenti (I)



Jahr: F/I/D 1969
R, B: Pierre Granier-Deferre
B: Pascal Jardin
K: Walter Wottitz
M: Serge Gainsbourg
D: Jean Gabin, André Weber, Marc Porel, Armando Francioli

Quelle: DVD (Pidax). Dank fürs Rezi-Exemplar!

Trailer

In seinem Jagdunterstand entdeckt der Großbauer Auguste Maroilleur (Jean Gabin) erst Spuren unerbetenen Betretens und dann ein kleines Päckchen Heroin. Doch klein ist relativ, denn der Inhalt hat einen Wert von zwei Millionen Francs, und wurde dort geparkt durch Augustes Enkel Henri (Marc Porel). Henri, ewiger Student und derzeit Barmixer auf einem Ausflugskahn, hatte die Drogen für den Pariser Gangster Francis (Armando Francioli) in Verwahrung genommen.
Auguste macht kurzen Prozess: Erst kippt er das Heroin in die Regentonne, dann Henri in den Kartoffelkeller. Hier kann der missratene Spross nachdenken und ist zugleich sicher vor der zu erwartenden Retourkutsche aus Paris. Und die lässt nicht lange auf sich warten: Der erste Emissär (Félix Martin) der Drogenbesitzer steht schon bald auf der Matte, um die abgängige Ware einzufordern. Ihn tütet Auguste ohne viel Federlesens mit der Schrotflinte ein und lässt ihn in den umliegenden Sümpfen verschwinden.
Doch so leicht lassen sich die Pariser nicht die Butter vom Brot nehmen: So rückt Francis mit einem Rollkommando an, das sich intensiv und gewalttätig mit Immobilien, Viehbestand und Familie des knorrigen Auguste befasst. Der lässt sich aber nicht einschüchtern und nimmt den Kampf auf.

Zitate:

Auguste hat die Hosen an:
„Auf meinem Grund und Boden verbiete ich dir diese schmutzigen Geschäfte, weil hier noch die alte Zeit herrscht.“

„Ich habe diesen Besitz hier geerbt und bestimme, was hier geschieht. Also geh‘, mach‘ das Licht aus, und leg‘ dich wieder hin.“

„Es gibt nur eine Lösung, und das ist meine.“

Die Kritik des Gunslingers

Eher das Psychogramm eines Unbelehrbaren als ein klassisches Revenge-Flick, ist die Rolle des Patriarchen Jean Gabin wie auf den Leib geschneidert. Auguste regiert sein Reich wie ein absoluter Herrscher. Gesprochen wird nur, wenn er das Wort erteilt, aufgestanden wird spätestens um sechs, Mittagessen gibt’s um 12 Uhr, und zur Begrüßung ist dem Hausherrn ein Küsschen auf die Wange zu drücken. Unter Augustes Dach leben noch seine beiden Töchter Mathilde (Eléonore Hirt) und Louise (Danièle Ajoret) nebst Ehegatten Léon (Christian Barbier) und Maurice (Michel Barbey). Ist klar, dass Auguste diese als Komplettflaschen ansieht und behandelt. Den Familienreigen komplett machen die Enkelin Véronique (Orlane Paquin) und ihr zu Besuch weilender Bruder Henri. Zudem lebt noch Indochina-Veteran „Bien-Phu“ (André Weber) im Haus. Ihn brachte Auguste einst wieder auf die Beine, was dieser mit bedingungsloser Loyalität vergilt.
Mit dem Besuch Henris dringt eine andere Zeit mit ihren anderen Lebensmodellen in dieses fest gezimmerte Universum ein. Eine Bedrohung für den von Auguste eisern verteidigten Status quo und das Päckchen Heroin als Bestätigung für sämtliche Befürchtungen und Vorurteile. Nicht umsonst fahren die Gangster auch allesamt amerikanische Autos, während Augustes Schwiegersöhne eher in die Jahre gekommenes französisches Blech unterm Hintern haben. Letztlich zielt der Widerstand Augustes, den er organisiert und zusammen mit den männlichen Familienmitgliedern leistet gegen die Gangster, einzig darauf ab, mit geradezu fanatischem Elan alles Äußere aus der eigenen Welt fernzuhalten. Einmischung von außen ist nicht willkommen – auch Unterstützung ist unerwünscht. Selbst als das Vieh gemeuchelt und Véronique vergewaltigt wird, verbietet Auguste folgerichtig, die Polizei zu verständigen. Am Ende wird die Geschichte autark und archaisch geregelt, und der Angriff auf das konservative Bollwerk abgeschlagen. Und auch der rebellische Henri fügt sich wieder in das Konstrukt ein.
Der Streifen nimmt sich viel Zeit, die Atmosphäre auf dem riesigen Gut Augustes zu zeigen. Die geradezu Angst der Bewohner vor dem übermächtigen Hausherrn, der jeden noch so kleinen Widerspruch, jedes Abweichen vom Muster grantelnd rügt. Der Rest der Familie lebt in untergeordneter Passivität, hat sich dort aber eigentlich ganz gut eingenischt. Ist halt auch nicht unangenehm, wenn einem einer alle Entscheidungen abnimmt.
Der Revengeplot ist teilweise recht drastisch in Szene gesetzt. Die Jagd auf die Kühe Augustes mit einem Jeep ist wirklich fies, und auch als Marc en passant und in voller Absicht ein Huhn überfährt, ist das nicht fein. Das kontern Auguste und die Seinen mit Schrotflinten, Fangeisen und Molotowcoctails. „Horse“ ist übrigens ein Slangwort für Heroin.

Rating: $$$$

Splatter: 2/10





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