OT:
Un homme est mort
AT:
Funerale a Los Angeles (I)
Jahr: F/I 1972
R, B: Jacques Deray
B: Jean-Claude Carrière, Ian McLellan-Hunter
K: Silvano Ippoliti
M: Michel Legrand
D: Jean-Louis Trintignant, Ann-Margret, Roy Scheider, Angie Dickinson
Quelle: TV (arte). Dank fürs Rezi-Exemplar!
Lucien Bellon (Jean-Louis Trintignant) ist der nette junge Mann fürs Grobe und als freiberuflicher Hitman fürs Organisierte Verbrechen tätig. Nun hat er selbst Probleme: Seine Spielschulden sind ihm über den Kopf gewachsen. Und da diese bekanntlich Ehrenschulden sind, muss er rasch die Außenstände begleichen, um nicht ein paar Fuß unter dem Beton zu enden.
Bellon also nimmt notgedrungen wieder einen Auftrag an, der ihn nach Los Angeles führt. Wie der lautet, erfährt er erst vor Ort: Er soll den schwerreichen Victor Kovacz (Ted de Corsia) eintüten, nicht nur der reichste Mann Kaliforniens, sondern auch tief verstrickt in Syndikatsgeschäfte. Der Job selbst geht erstaunlich glatt und dem Profi wie von selbst von der Hand. Doch im Abgang stößt Bellon dieser bald bitter auf.
Nicht nur ist auf einmal sein Hotelzimmer bereits bezahlt und seine Klamotten abgeholt – samt Papieren, versteht sich. Zudem hängt ihm mit dem humorlosen Lenny (Roy Scheider) auch ein Berufskollege mit eindeutigen Absichten am Hacken. Dank Antoine (Michel Constantin), seinem Mittelsmann in Paris, findet Lucien in der Barmieze Nancy (Ann-Margret) eine Anlaufstelle und anfangs widerstrebende Verbündete.
Lucien braucht nicht nur neue Papiere, sondern muss auch Licht in das verwirrende Spiel bringen, will er je wieder ruhig schlafen. … und lebendig wieder aufwachen.
Zitate:
Nancy: „Draußen steht ‚Oben ohne‘, damit sie ihren billigen Whisky teuer verkaufen können. Das ‚Oben ohne‘, das bin ich: Ich stehe an der Bar mit nackten Titten.“
Antoine: „Ich mag Beerdigungen. Nur mangelnde Geschäftsmoral mag ich weniger.“ (Oft lässt sich die Vorliebe fürs eine mit der Ahnung des anderen verknüpfen.)
Die Kritik des Gunslingers:
Das im Killer-Thriller gerne verbratene Thema der Einsamkeit nimmt auch hier eine zentrale Position ein. Doch in vorliegendem Streifen hat es der Protagonist nicht nur mit für ihn anfangs undurchschaubaren Konstellationen zu tun, die sich stark lebensverkürzend auswirken. Lucien Bellon muss darüber hinaus mit einem für ihn unbekanntem gesellschaftlichen und kulturellen Umfeld klarkommen.
Hier ist also nicht viel mit geschmeidigem Untertauchen: Als kantiger Franzose mit Knarre am Start, ist man selbst in Los Angeles in etwa so unauffällig wie ein Wal im Dorfweiher oder so ähnlich. Zudem fehlen Verbündete und Schlupfwinkel, vertraute Umgebungen. So hat Bellon seine liebe Mühe mit den Amerikanern und Probleme, dem zähen Lenny immer wieder von der Schippe zu springen.
Im Lauf des Streifens wechselt Luciens Perspektive. Auch ein Symbol des zunehmenden Kontrollverlusts. Anfangs ist er als „Geschäftsreisender“ mit First-Class-Hotelbutze und schniekem Mietwagen unterwegs auf vertrautem, internationalem Terrain mit bekannten Regeln. Mit nur wenigen Einstellungen und ohne Worte wird er als Profi seines Faches eingeführt. Als ihm Auftrag und „Handwerkszeug“ ins Hotel geliefert werden, entfernt er erstmal fünf Patronen aus dem 45er. Den Auftrag erledigt er später selbstredend mit einem einzigen Schuss.
Dann aber lernt er notgedrungen das Amerika der weißen Mittel- und Unterschicht kennen. Inklusive abgerockter Strandbäder und dem ernüchternd schäbigen Nachtleben in Stripclubs und Bars. Gespielt wird hier nach anderen Regeln. So lässt sich Lucien von einer Motorradtruppe verarschen, die er nach dem Weg in die City fragt. Die Biker führen ihn komplett in die Irre und lassen ihn dann feixend zurück.
Nancy und ihr Freund Karl (Carlo de Mejo) stehen für den täglichen Existenzkampf am Rande der Gesellschaft, der Angst vor dem weiteren Abrutschen. Nancy war einst Geschäftsführerin des Clubs, in dem sie dank der Machenschaften des Kovacz-Clans inzwischen nur noch barbusig hinterm Tresen steht. Carl wiederum ist Taxifahrer, der sich durch illegale Geschäfte über Wasser hält: vom Drogenhandel bis zu falschen Papieren.
Der Score bietet solide 1970er-Funk-Kost, in der Orgel und Wah-Wah-Gitarren die Hauptzutaten sind. Alles in allem ein stimmungsvoller Thriller, dessen Auflösung leider ein bisschen dahingehudelt ist. Connoisseure sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren.
Rating: $$$$-
Splatter: 2/10