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Callan
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Callan – Den Aasgeiern eiskalt serviert
Jahr: GB 1974
R: Don Sharp
B: James Mitchell
K: Ernest Steward
M: Wilfried Josephs
D: Edward Woodward, Carl Möhner, Eric Porter, Russell Hunter
Quelle: DVD (Pidax). Dank fürs Rezi-Exemplar!
David Callan (Edward Woodward) war mal ein Hitman des britischen Geheimdienstes. Nicht irgendeiner, sondern einer der besten, effizient und zuverlässig. Doch dann kamen die Gewissensbisse und später das Nervenflattern. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall sitzt er nun seit fast zwei Jahren ausgemustert als Buchhalter in der Klitsche des despotischen Waterman (Kenneth Griffith) und hofft auf bessere Zeiten.
Die winken schneller als erwartet, denn Callans alter Boss Hunter (Eric Porter) ist gewillt, den Veteranen wieder in den Verein aufzunehmen. Aufnahmebedingung: Callan muss den österreichischen Geschäftsmann Rudolf Schneider (Carl Möhner) umnieten. Doch irgendwie riecht der Job streng, findet Callan und hat damit nicht Unrecht, wie sich bald herausstellen wird. Zudem ist ihm Schneider gar nicht unsympathisch, so dass sich schon früh wieder die Psyche meldet.
Zitate:
Hunter: „Sein Tod darf NICHT wie ein Unfall aussehen.“
Callan: „Was hat er getan?“ – Hunter: „Was kümmert das Sie? Sie sollen ihn nur töten.“
Callan: „Du willst wohl meinen Job?“ – Meres (Peter Egan): „Wieso, ich hab‘ doch deinen Job.“
Hunter: „Callan ist in einer gefährlichen Verfassung, schätz‘ ich.“
Die Kritik des Gunslingers
Der Streifen basiert auf der Pilotfolge zur TV-Serie „Callan“, die von 1967 bis 1972 mit großem Erfolg im britischen Fernsehen lief. Agent Callan, ebenfalls gespielt von Edward Woodward, war so anders als beispielsweise James Bond. Ein Straßenköter mit tiefsitzender Abneigung gegen Vorgesetzte, knallhart und brutal und damit ungleich geerdeter als der Gentleman-Agent 007. Leider hat es das Format hierzulande nie in die Glotze geschafft – vermutlich auch wegen der für die Entstehungszeit wohl recht expliziten Gewaltszenen: ungeeignet fürs Vorabendprogramm.
Es ist eigentlich auch nicht sooo überraschend, dass Fans der Serie den ebenfalls von James Mitchell geschriebenen Streifen teilweise recht ungnädig aufnehmen. Auch wenn mit Edward Woodward und Russell Hunter als dessen Kleinganovenkumpel und „Mann fürs Besorgen“ Lonely zwei der Hauptcharaktere aus der Serie übernommen wurden. Der nicht serienvorbelastete Connoisseur hingegen bekommt einen pessimistisch-düsteren Agententhriller auf die Augen, der eine ähnliche Grundtonart anschlägt wie „Charlie Muffin“ von 1979. Das Agentengeschäft als Sumpf undurchsichtiger Verflechtungen und Intrigen, in dem es weniger um die „nationale Sicherheit“ geht als vor allem um das persönliche Fortkommen, den eigenen Geldbeutel und manchmal auch um Rache.
Der Film stellt zwei Zweierkonstellationen ins Zentrum. Zum einen die Beziehung zwischen Callan und Schneider. Beide Männer haben im Zweiten Weltkrieg ähnliches erfahren, wenn auch auf verschiedenen Seiten. Beide leiden daher unter Alpträumen und lieben es, im „Sandkasten“ historische Schlachten der Napoleonischen Kriege oder des Amerikanischen Bürgerkriegs nachzuspielen. Es gibt aber zwei grundlegende Unterschiede: Schneider war Offizier; Ex-Sergeant Callan hasst Offiziere. Und Schneider ist alles andere als der friedliche Geschäftsmann, während Callan unter seiner harten Schale ein ziemlicher Gemütsmensch ist.
Letzteres stellt ihn auch in Gegensatz zum ehrgeizigen und skrupellosen Toby Meres, der Callans Job beim Service will. Ein glatter Killer, der tötet, ohne rot zu werden und für den Folter nicht mehr ist als ein Fingerschnipsen. Die neue Generation.
All das, gepaart mit einer tristen Londoner Mittsiebziger-Atmo, dem Kater des Summer of Love, macht den Streifen eines Versuchs wert.
Rating: $$$$–
Splatter: 2/10