Life on Mars – Gefangen in den Siebzigern

OT:
Life on Mars



Jahr: GB 2006 – 2007
R: S.J. Clarkson u.a.
B: Matthew Graham, Tony Jordan, Ashley Pharoah, Chris Chibnell u.a.
K: Balasz Boligo u.a.
M: Edmund Butt
D: John Simm, Philip Glenister, Liz White, Dean Andrews, Marshall Lancaster
Deutsche Erstausstrahlung: 2009 (Kabel 1)
Staffeln: 2 mit je 8 Episoden à ca. 60 Minuten

Quelle: arte

Trailer Staffel 2

Chief Inspector Sam Tyler (John Simm) ist 2005 leitender Mordermittler der Polizei von Manchester. Als seine Freundin in die Hand eines Frauenmörders fällt, ist Tyler emotional etwas angefasst und unaufmerksam. Gerade im Straßenverkehr nicht der Optimal-Zustand. Er gerät also fast folgerichtig im wahrsten Sinne unter die Räder eines Rasers.
Als er erwacht, hat sich nicht nur die Stadt dramatisch verändert. Auch Sams neues Outfit wirkt aus der Zeit gefallen. Ist es aber nicht, denn wir schreiben das Jahr 1973, und Sam soll als Detective Inspector seinen Dienst antreten bei der Manchester Police. Dem Revier, in dem er 40 Jahre später Leitender sein wird, steht 1973 hart, aber herzlich Chief Inspector Gene Hunt (Philip Glenister) vor. Die raubeinige Mannschaft betrachtet den offensichtlich zartbesaiteten Neuen mit einer Mischung aus Argwohn und Abneigung.
Sam muss sich nicht nur zwischenmenschlich durchsetzen, sondern sich auch mit der rüpeligen und technisch steinzeitlichen Polizeiarbeit arrangieren. Außerdem weiß er immer noch nicht, was passiert ist und wie er aus seinem Alptraum wieder erwachen kann.

Hauptcharaktere:

Sam Tyler:
Smarter Anzugträger, der als Detective Chief Inspector dem Morddezernat der Manchester Police vorsteht. Verständlicherweise aus der Bahn geworfen, als er nach seinem Unfall rund 30 Jahre früher erwacht. Versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen und die Polizeiarbeit im Jahr 1973 zu verändern. Gleichzeitig muss er die an ihn gerichteten Botschaften aus der Gegenwart verstehen.
 
Gene Hunt:
Bekleidet im Jahr 1973 die gleiche Position wie Sam Tyler 30 Jahre später. Trägt fast immer seinen Kamelhaarmantel, geht nie ohne Kippe aus dem Haus und hat stets mindestens fünf Flachmänner mit Hochprozentigem am Mann. Sams Versuche, Ermittlungen eher auf wissenschaftlicher Basis und ohne das Austeilen von Faustgemüse durchzuführen, empfindet er als „schwul“. Chronisch genervt von Tyler und seiner Art, wenngleich er ihn insgeheim respektiert. Meistens jedenfalls.
 
Annie Cartwright (Liz White):
Beginnt als uniformierte Polizistin, steigt später zum Detective auf. Psychologisch interessiert und in der Lage, die Zoten und Sprüche ihrer männlichen Kollegen wegzustecken. Mit den Geschichten Sams, der sie über seine „Parallelexistenz“ ins Vertrauen zieht, ist sie aber überfordert. Sie und Tyler sind eigentlich ein Liebespaar, wissen es aber erst ganz zum Schluss.
 
Ray Carling (Dean Andrews):
Detective Sergeant. Vor Sams Ankunft zweiter Mann im Revier. Der überzeugte Schnauzbartträger fühlt sich als echter Kerl und ermittelt dementsprechend hemdsärmelig und rüpelig. Wird kurzzeitig degradiert und steht in Sachen Homophobie und Chauvinismus seinem Chef in nichts nach. Bleibt bis zuletzt Sams entschiedenster Gegner.

Chris Skelton (Marshall Lancaster):
Detective Constable und als Jüngster in Hunts Team noch recht „grün hinter den Ohren“. Hin und her gerissen zwischen der Loyalität zur Meute und Respekt für Sam Tyler. Ist von allen Teammitgliedern als erster aufgeschlossen gegenüber Sams neuen Methoden, die dieser einzuführen versucht. Wird von Gene und Ray regelmäßig des sinnlosen Verbrauchs von Sauerstoff bezichtigt.

Zitate:

Sam: „Was ist mit dem Kokain passiert, das bei Campbell gefunden wurde?“ – Ray Carling: „Hat hier gerade einer gefurzt?“

Gene: „Wir müssen hier einen Mörder finden. Wie, ist scheißegal.“ – Chris Skelton: „Das finde ich auch. Es will ja auch niemand wissen, wie Blutwurst gemacht wird.“

Gene: „Genug gewichst! Unser Typ wird verlangt.“

Sam: „Ich sag‘ Ihnen was, Ray: Wenn Sie in einem runden Zimmer in die Ecke kacken könnten, würde er Sie zum Inspektor machen.“

Gene: „Ich habe keine Lust, mir ein neues Arschloch zu stricken nach 25 Jahren liebevoller Männerfreundschaft unter der Gefängnisdusche.“

Gene: „Tyler! Zunge aus der Politesse und steigen Sie ein. Und ihr beiden Tucken kommt auch mit.“ (Hunt stellt sein Team zusammen)

Ray: „Erst ‘ne Frau, jetzt ‘n Neger. Demnächst kommen noch Zwerge.“ (Dem Revier wir der erste afroamerikanische Detective zugeteilt)

Gene: „Wenn ich so ängstlich wäre wie Sie, würde ich mir jeden Furz verkneifen aus Angst, in die Hose zu scheißen.“

Gene: „Ich werde dafür sorgen, dass du im Knast an deinem Haferbrei ersticken wirst, du perverses Stück Scheiße.“

Gene: „Weiberkram, dieses ständige Schlösserknacken. Diese scheiß Tür hätte man doch auch einfach auftreten können, oder?“ (Sams filigrane Art stößt bei seinem Chef nur eingeschränkt auf Gegenliebe)

Gene: „Was haben Sie denn gefressen? Hundefutter oder was?“ (Ein kräftiger Darmwind im vollbesetzten Überwachungs-Van sorgt für Spaß in den Backen)

Gene Hunt, ein toleranter Zeitgenosse

Die Kritik des Gunslingers

In dieser großartigen Brit-Serie sorgen die Gegensätze für kontinuierlichen Funkenflug. Sam Tyler trifft als eloquenter, gesundheitsbewusster Großstadt-Cop des 21. Jahrhunderts auf die furzende, fluchende und kettenrauchende Männer-WG des Polizeireviers von 1973. Emanzipation ist allenfalls ein Silberstreif am Horizont.
Derbe, frauen- und schwulenfeindliche oder rassistische Sprüche werden nicht nur toleriert, sondern sind der gute Ton des Machismo. Gewalttätigkeiten gegenüber Verdächtigen sind Polizeialltag. Leberhaken, Nierenschläge oder das Knie ins Gemächt dienen zur Frustabfuhr und im besten Fall der Wahrheitsfindung. Genauso ist es legitim, unliebsamen Ganoven belastende Beweise unterzujubeln oder sich den einen oder anderen nicht versteuerten Pfundschein in die Lederjacke stecken zu lassen. Sam würde es wohl „Korruption“ nennen.
Das ist das Umfeld, in dem Tyler klarkommen muss. Seine neuen Kollegen begegnen dem cleanen, prinzipientreuen Cop folgerichtig eher +hust* reserviert. Allerdings führen dessen „Schwuchtelmethoden“ immer wieder zum Erfolg. Doch letztlich benötigt er alle 16 Folgen, um am Ende zumindest den Respekt aller verdient zu haben.
Parallel dazu ist auch die gesellschaftliche Entwicklung der letzten 50 Jahre Thema. Manchester ist in Sams „alter“ Gegenwart eine hippe Metropole. Das Jahr 1973 dagegen sieht eine schmuddelige Industriestadt, die die Rezession des Jahrzehnts atmet. Es gibt immer wieder putzige Begebenheiten, in denen sich Gegenwart und Vergangenheit gegenüberstehen. Etwa als Sam in einer Fabrik ermitteln muss und erkennt, dass er in genau dem Bau im Jahr 2005 sein elegantes Loft bewohnt.
Zudem geht es natürlich um Sams Bemühungen, Licht ins Dunkel zu bringen. Was ist passiert? Liegt er im Koma? Wie kommt er ins Jahr 1973? Und wie zurück? Oder ist er nur verrückt? Über elektronische Geräte wie Fernseher, Radios oder Funkgeräte erhält er Nachrichten über seinen Gesundheitszustand. Teilweise gibt es dabei kurze Live-Schalten von seinem Krankenlager. Zudem erhält er regelmäßig Telefonanrufe, in denen ihn ein geheimnisvoller Anrufer zum Durchhalten auffordert, wenn er wieder „zurückkommen“ will. Das ist glücklicherweise gut und ohne Fantasy-Touch in die Rahmenhandlung integriert, wirkt nicht im geringsten schwülstig.
Wer den 70er-Serienkult „Die Profis“ zu schätzen weiß, wird auch hier auf seine Kosten kommen. Klasse Besetzung, tolle Ausstattung – von Schmetterlingskragen und Schlaghosen über das Mobiliar bis hin zum verwendeten Fuhrpark– und jede Menge Mucke auf die Ohren. Wenn Chief Inspector Gene Hunt den Ford Cortina 200 GXL rückwärts voll Speed falschrum durch die Einbahnstraße jagt und dabei „The Ballroom Blitz“ von Sweet aus den Boxen scheppert, bleibt kein Auge trocken.

Rating: $$$$$

Splatter: 4/10





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