OT:
Five Minutes to live
AT:
Door-to-Door Maniac
Jahr: USA 1961
R: Bill Karn
B: Cay Forrester
K: Carl Guthrie
M: Gene Kauer
D: Johnny Cash, Cay Forrester, Donald Woods, Vic Tayback
Quelle: YouTube (Netzkino)
Bei ihrem letzten Ding werden die beiden Galgenstricke Johnny Cabot (Johnny Cash) und sein Kumpel Pete verzinkt: Die Cops warten schon. Am Ende des kurzen Intermezzos checken Pete und die beiden Polizisten im Leichenschauhaus ein; Johnny ist auf der Flucht.
Zusammen mit Freundin Doris (Midge Ware) kriecht der Gangster in einem kleinen Provinzkaff unter und wartet auf bessere Zeiten. Die winken mit dem Anruf von Johnnys altem Bekannten Max (Merle Travis): Bankräuber Fred Dorella (Vic Tayback) sucht einen versierten Partner für den nächsten Coup.
Johnny schlägt ein, denn Dorellas schon weitgehend vorbereiteter Plan verspricht leichtes Spiel: Während Johnny der Gattin (Cay Forrester) des Bank-Vizepräsiden Ken Wilson (Donald Woods) zuhause einen Besuch abstattet und sie in Geiselhaft nimmt, will Fred dem so Erpressten 70 Riesen aus dem Kreuz leiern. Doch wie viele Pläne, sieht auch dieser schlussendlich nur auf dem Papier gut aus.
Zitate:
Johnny: „Ich bin eher jemand für die großen Sachen.“
Johnny: „Dass die Leute sich hier nicht zu Tode langweilen, wundert mich.“ – Fred: „Du wohnst doch gerade mal ein paar Blocks weiter.“
Nancy: „Sind Sie ein Unterhaltungskünstler?“ – Johnny: „Nein, Mrs. Wilson, das bin ich nicht. Aber ein Killer.“
Nancy: „Sie haben mich getroffen!“ – Johnny: „Ooh, armes Mädchen.“
Johnny: „Völlig durchgewühlt. Ganz nach meinem Geschmack.“ (Johnny nimmt das Schlafzimmer der Wilsons in Augenschein)
Ken: „Mr. Dorella, was ist das hier?“ – Fred: „Ganz einfach Mr. Wilson: Das ist ein Überfall.“
Fred: „Lassen Sie uns der Uhr beim Ticken zusehen, Mr. Wilson. Bin gespannt, wer zuerst einknickt.“
Die Kritik des Gunslingers
Der Film noir produziert auch nach seinem eigentlichen Ableben, Ende der 1950er-Jahre, bis heute immer wieder Epigonen, die sich seiner Stilmittel und Strukturen bedienen. Vorliegender Streifen beginnt ebenfalls in bester Noir-Tradition: Fred Dorella gibt im Polizeiverhör die Geschichte zu Protokoll, die also im Wesentlichen als Rückblende erzählt wird. Damit erinnert er an Klassiker wie „Frau ohne Gewissen“: Hier ist es der auf Abwege geratene Versicherungsmann, der sein Geständnis auf Tonband spricht. Oder „Boulevard der Dämmerung“, in dem der tote Journalist die Ereignisse schildert. Beides übrigens Streifen von Billy Wilder.
Low-Key-Beleuchtung, Off-Erzähler – also zumindest phasenweise alles da, was einen Noir stilistisch ausmacht. Weitere Zutat ist ein wenig Home Invasion, nehmt hier „An einem Tag wie jeder andere“ als Beispiel. In letzterem quartieren sich drei entflohene Sträflinge bei einer Mittelstandsfamilie ein und machen ihr das Leben zur Hölle. Hier geht’s dank Johnny Cash noch ruppiger zur Sache, doch kommen wir noch zu. Im Gegensatz zum Ersteren hat aber das Spießeridyll zwischen Frauenclub und Nachbarschaftsverein hier ernsthafte Risse. Gattin Nancy ist nur an ihren eigenen Aktivitäten interessiert, ihr Ehegespons Ken hat nebenher was Ernsthaftes mit der Boutiquenangestellten Ellen (Pamela Mason) laufen, will die Trennung, traut sich jedoch nicht, mit der Wahrheit rauszurücken.
Hier platzt nun Johnny Cabot rein, den Johnny Cash als gestörten Sadisten anlegt. Als zum Beispiel zufällig rauskommt, dass seine Freundin Doris eine Doppelidentität pflegte, pustet er sie wenig später kurzerhand weg und geht ohne Umschweife wieder zum Tagesgeschäft über. Während der Geiselnahme greift Johnny immer wieder zur Gitarre und spielt der zunehmend beunruhigten Nancy Takte seines Songs „Five Minutes to live“ vor. Denn plangemäß hat Wilson fünf Minuten Zeit, sich zu entscheiden, ob er kooperieren will, ab dann, wenn ihn Dorella in der Bank aufgesucht hat. Johnny genießt diese Zeit, macht Nancy immer wieder klar, dass die ihre abläuft, spielt mit seiner Kanone herum, verpasst seiner geschockten Geisel nur zum Spaß einen Streifschuss an der Wange und denkt sich weiteren fiesen Schabernack aus.
Ein schnelles B-Thriller-Vergnügen, dem man leicht einiges verzeiht wie die manchmal unbeholfen wirkenden Schnitte oder das seltsame Ende. Sollte man sich zudem auf jeden Fall im Original geben: Die deutsche Synchro ist nicht das Gelbe vom Ei. Mein Geschmack. Bobby, kleiner Sohn der Familie Wilson, wird gespielt von Ron Howard, später bekannt geworden als Regisseur etlicher dekorierter Hollywood-Produktionen wie „A beautiful Mind“ oder „The Missing“. Als Max ist der Country-Mucker Merle Travis zu sehen. Er steuerte auch das Gitarrensolo für den titelgebenden Johnny-Cash-Song bei.
Rating: $$$+
Splatter: 1/10