OT:
The desperate Hours
Jahr: USA 1955
R, B: William Wyler
B: Joseph Hayes
K: Lee Garmes
M: Gail Kubik
D: Humphrey Bogart, Frederic March, Dewey Martin, Martha Scott
Quelle: TV (arte)
Berufsverbrecher Glenn Griffin (Humphrey Bogart) büxt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Hal (Dewey Martin) und dem so unterbelichteten wie brutalen Sam Kobish (Robert Middleton) aus einem Bundesknast aus. Die drei Flüchtigen brauchen dringend einen Unterschlupf, um dort auf Glenns Gspusi Helen warten zu können, die mit einer Ladung Zaster auf Abruf wartet.
Die Wahl der Gangster fällt ganz zufällig auf das Domizil der Familie Hilliard: Hier leben Dan (Frederic March), Gattin Ellie (Martha Scott) sowie Tochter Cindy (Mary Murphy) und Söhnchen Ralph (Richard Eyer) den amerikanischen Vorstadt-Spießer-Traum. Glenn treibt zudem der Wunsch nach Rache um, denn justement in diesem Gemeinwesen schiebt Deputy Jesse Bard (Arthur Kennedy) Dienst: Jessie hatte ihm Jahre zuvor bei der Festnahme den Kiefer gebrochen.
Nun also nisten sich die Drei im Familienidyll ein. Aber Helen wird von übereifrigen Verkehrs-Cops aufgehalten, so dass die Geldübergabe ausfällt. Stattdessen sollen die Pennunzen jetzt per Post zugestellt werden. Und mit zunehmender, öder Wartezeit werden die Nervenkostüme dünner, und der Widerstandswille insbesondere Dan Hilliards wächst. Allmählich beginnen die Dinge, ganz gehörig schief zu laufen, zumal auch die Cops Witterung aufnehmen.
Zitate:
Glenn:
„Gnädigste, wenn ich spreche, haben Sie zu spuren, und zwar schnell.“
„Ich liebe Leute mit Kindern. Die machen wenigstens keine Dummheiten.“
„Ich habe die Schnauze voll von euch gestriegelten, abgeleckten Kerlen mit euren schneeweißen Taschentüchern.“
Dan: „Ich möchte Sie umbringen!“ – Glenn: „Pops, Sie sind ja ein richtiger Spaßvogel.“
Cop: „Mitleid ist ein Luxus, den Sie sich als Polizist nicht leisten können.“
Die Kritik des Gunslingers
In seinem vorletzten Film kehrte Humphrey Bogart unter der Regie von Routinier William Wyler noch einmal auf die dunkle Seite der Macht zurück. Mit Gangsterrollen hatte Bogey die ersten Fundamente seiner Karriere gelegt, als Gangster ließ er sie allmählich ausklingen. Da schließt sich fast ein Kreis, aber geplant war das so mit Sicherheit nicht.
Sehr schön zu sehen ist hier, wie sich im Verlauf die Machtverhältnisse verschieben. Ist zu Beginn Glenn Griffin souverän Master of Desaster, entgleitet ihm zunehmend die Kontrolle. Nicht nur die zunehmende Widerborstigkeit von Dan Hilliard, auch Alkohol und der sich abnabelnde, jüngere Bruder, den er weiter beschützen will, untergraben seine Position.
Neben der strapaziösen Situation – das nervende Warten; die Gangster zwingen die Familie, ihrem geregelten Alltag nachzugehen, ohne sich was anmerken zu lassen – zehren auch die diversen Konflikte. Glenn und Hal sind ein eingeschworenes Team, aus dem sich der Jüngere aber zunehmend verabschiedet: Er hat keine Lust mehr aufs Outlaw-Dasein. Vater Dan muss versuchen, vor Sohn Ralph nicht als Flasche dazustehen und zu erklären, warum Stillhalten manchmal die bessere Alternative ist. Und natürlich das Kräftemessen zwischen Glenn und Dan, bei dem sich die Waagschale immer weiter in Richtung des letzeren neigt, je mehr die Autorität Genns erodiert.
Der Film schnurrt straight durch und steuert auf ein klassische „Crime-doesn’t-pay“-Ende zu. Bogart ist für die Rolle eigentlich zu alt, verleiht dadurch aber dem Gangster eine schöne Aura von Müdigkeit, die im Verlauf immer mehr die Oberhand gewinnt. Dank Bogey und Frederic March geht das Ding noch mit Anstand über die Ziellinie, ansonsten nervt ein wenig die stockkonservative Haltung des Ganzen. Scheint im Bühnenstück anders zu sein.
Rating: $$$+
Splatter: 1/10